Am 30. Juni haben wir zum ersten mal unseren Conteststammtisch an dem neuen Termin „letzter Mittwoch im Monat“ durchgeführt. Geplant war ja bei schönem Wetter am Turm zu grillen. Leider, oder vielleicht zum Glück, hat es ja geregnet.
Michael, DL6MHW, hat sich kurzfristig angeboten, etwas über die Aktivität von DA0HQ bei der IARU HF Championship zu präsentieren und natürlich kräftig die Werbetrommel zu rühren, damit wieder viele Anrufer aus DL zum Erfolg beitragen. Ich fand den Vergleich mit Fußball ausgezeichnet. Wir können selbst zum Erfolg unseres Teams beitragen, sind also nicht nur Zuschauer! In welcher Sportart geht das sonst noch?
Aus H24 war Wolfgang, DL6OZ, auch schon Teil des Teams von DA0HQ. Ich habe dann Michael gefragt, wie man denn dort mitfunken darf, ich hätte in 2021 eventuell Interesse dort mal mitzumachen. Man wird halt eingeladen oder bietet sich an. Er hat dann den „Bundestrainer“ des Teams angeschrieben (Ben, DL5ANT) und 1 Tag später habe ich dann eine e-mail bekommen, wann ich denn am Wochenende vorbeikommen kann und was ich so kann. Ich habe dann erst mal gesagt, na ja, dieses Jahr klappt es leider nicht, Familie ist ja nicht informiert, Turmreinigung war auch geplant, … Schade …. Aber ich habe dann zu Hause doch mal „angeklopft“, ob ich denn das Wochenende entbehrlich bin. Es gab grünes Licht und dann noch beim Vorstand angefragt, ob denn zur Reinigung auch genug Leute da sind. Ja, ich war auch dort entbehrlich und bin schon gespannt, wie es dort jetzt aussieht.
Also ran an die Vorbereitung. Erster großer Unterschied ist das genutzte Contestprogramm. Es wird dort Wintest genutzt. Sehr mächtig und spielt wohl seine Vorteile bei der Vernetzung aus. Und das ist bei der Aktivität DA0HQ ja sehr wichtig. Es sind ja 12 Stationen gleichzeitig an verschiedenen Standorten QRV. Nach der Installtion dann alles einrichten (TRX, Winkey, Cluster) und loslegen. Oh oh oh. Das war schon schwierig. Am 5.7. habe ich 2 Kurz-Conteste damit gefahren. Ich war deprimiert, ich habe sicher einige QSOs und Multis nicht bekommen. Aber was erwartet man auch nach fast 20-jähriger Nutzung von N1MM(+). Es wird schon werden.
Was ist nun das besondere an diesem Contest und speziell in der Headquarter-Klasse. Bei anderen Contesten gibt es ja auch eine Multi/Multi-Klasse und es sind dort auch 6 Stationen auf 6 Bändern gleichzeitig QRV. Aber es müssen laut Ausschreibung alle Antennen und Sender in einem gewissen Radius sein (meist zwischen 500 und 1000 Meter). Und es darf auf jedem Band nur ein Signal zu hören sein. Die Headquarter-Klasse ist dort völlig anders. Die einzigen Einschränkungen sind, dass pro Sendeart pro Band nur ein Signal ausgesendet werden darf und natürlich alles Stationen inklusive Antennen im gleichen Land und der gleichen ITU Zone liegen müssen (ja, es gibt Länder die über mehrere ITU Zonen gehen).
Das ergibt oder besser erfordert ganz andere Strategien und Technik. Die Stationen von DA0HQ sind über DL verteilt: Osten, Süden, Westen und etwas Norden. Und die Ausbreitungsbedingungen bzw. Möglichkeiten Stationen zu arbeiten können ja in München auf dem gleichen Band völlig anders sein als in Flensburg.
Also, ich war Teilnehmer/OP in Ilmenau. Schon vor 40 Jahren war es mal mein Traum von dort zu funken. Es gibt ja dort eine TU (damals TH) und ich habe mich dort als Student beworben. Leider wurde ich nicht genommen – und Grund für die Bewerbung war neben dem guten Ruf der TH natürlich die Conteststation Y34K damals. Ist leider nichts geworden und nun über 30 Jahre später hat es dann mit dem Funken von dieser Station doch noch geklappt.
Ich bin dort schon 1 oder 2 mal mit dem Auto vorbeigefahren. Das Herz eines DXers oder Contesters schlägt beim Anblick der Antennenfarm viel höher:
- 6 Element 10m Quad
- 6 Element 15m Quad
- 4 Element 3-Band Quad
- 2 Element 3-Band Quad
- 3 Element 40m Quad
natürlich alles auf eigenen Masten aber keiner der höher als 25m ist. Dazu kommen noch diverse Drahtantennen, Masten die als Vertikal genutzt werden und für den Contest werden dann auch noch Beverage-Antennen in 4 verschiedene Richtungen aufgebaut (OK, die JA Beverage ist permant installiert). Ich denke das ist bestimmt inzwischen weltweit die dichteste Konzentration von KW-Quad Antennen. Ich habe nicht gefragt wieviel Km Koax-Kabel und Steuerungskabel verlegt sind.
Also, Freitag Abend dort gegen 20 Uhr angekommen, kurz vorgestellt – den ein oder anderen kennt man von diversen Contesten, WRTC, … Ich bin dann für 80m CW zugeteilt worden. Wir waren zu viert: DL6KVA (Axel, ein sehr erfahrener DX Expeditionär – u. a. wird er Teilnehmer der 3Y0J Expedition die dann hoffentlich 2023 stattfindet sein, siehe https://3y0j.com/team/), Andree, DL8LAS – betreibt auch einen sehr guten Skimmer-Knoten und wer erinnert sich noch an DK0PC die uns beim CW Fieldday eine zeitlang den Schneid abgekauft haben – Spiderbeam auf einem Rutmann Steiger), Rainer, DL1AUZ auch DX Expeditionär und erfahrener Contester und dann noch ich, als totaler Multi/Multi Anfänger. Wir haben uns auf 4-Stunden Schichten immer zu Zweit geeinigt. Ich war mit DL1AUZ in einem Team.
Am Samstag Vormittag haben wir dann die Station etwas getestet, relaxed, sind den Plan durchgegangen, …
Was ist denn nun alles da in Ilmenau: die vielen Antennen habe ich ja schon erwähnt. Dann sind dort noch mindestens 5 Arbeitsplätz, jeweils ausgerüstet mit 2 TRX, 2 Computern, 2-3 Monitoren, Tasten, Mäuse, … – und ja, wir haben im Turm viel Platz. Wo wir unsere Technik stehen haben, sind auch dort auf der gleichen Fläche 2-3 solcher Stationen (also 6 Arbeitsplätze) installiert. Ach ja, etwas mehr Platz wird schon benötigt, es sind ja noch zu jedem Sender PAs vorhanden – und nein, die sind nicht so klein wie Hans’ oder Detlefs UKW PA – sie sind aus den 60er Jahren und sehr groß (laut, warm, …) aber auch robust.
Es gibt ja immer wieder Diskussionen was ist denn nun der beste Transciever zum Contesten: die Empfänger werden verglichen, die Sender meist nicht – was stören mich meine Nebenaussendungen? Die stören ja nur die anderen. Das ist hier natürlich anders: wenn auf 5 Bändern mit hoher Leistung gleichzeitig gefunkt werden soll, dann dürfen sich die verschiedenen Bänder nicht gegenseitig beeinflussen/stören. Es sind pro Arbeitsplatz je ein TS-850 und ein TS950S(DX). Also doch schon recht betagte Transciever, kein Touchdisplay, … Dazu hat man im Contest eh keine Zeit.
So, und wie ist das nun mit den gegenseitigen Störungen wenn auf 5 Bändern gleichzeitig gefunkt wird? Was soll ich Euch sagen – während meiner ganzen Zeit am Funkgerät habe ich nicht ein mal irgend etwas auf dem 80m Band von irgendwelchen Funkaktivitäten auf einem anderen Band wahrgenommen. Und es gab auch von den anderen Bändern keine Beschwerden bzgl. Störungen. Sicher sind dort ganz viele Bandpassfilter installiert. Ich finde das trotzdem sehr erstaunlich.
Wie war es nun mit meinem 80m Arbeitsplatz? Was gab es dort so? Die Sendeantennen waren fest verdrahtet und konnten nicht gewechselt werden. Jeder OP hatte 6 Antennen zur Auswahl, die individuell pro TRX geschaltet werden konnte:
- liegende 80m Loop
- FD4
- 4 Beverage Antennen (JA, Westen, Südamerika, Afrika).
An dem Arbeitsplatz des 2nd OP gab es noch die Möglichkeit einen Remote-RX in Kiel abzuhören. Ich hatte also auf dem Kopfhörer entweder nur den lokalen TRX, den RX in Kiel oder auf jedem Ohr jeweils einen RX. Die Frequenz des RX in Kiel musste man manuell über einen weiteren Laptop verstellen.
Weiterhin muss man natürlich bei so einer Aktivität Technik-Ausfälle oder auch Gewitter einplanen. Als HQ Station gibt es dann für jedes Band und Sendeart einen Backup Standort. Der kann bei Schwierigkeiten übernehmen oder auch einfach, damit die lokal unterschiedlichen Ausbreitungsbedingungen genutzt werden können. So hat man halt DA0HQ gerade auf den oberen Bändern mal gehört oder arbeiten können und mal nicht. Ich nehme mal als Beispiel 10m: Da wurde dann für einige Zeit nach Süden verlagert und die OPs dort haben dann Stationen gearbeitet, die in Ilmenau nicht zu hören gewesen sind. Auch wir haben auf dem 80m Band mal nach Westen verlagert und einige DX Stationen waren dort einfach besser zu hören und zu arbeiten.
Ich war dann bei meinen ersten beiden Schichten 2nd OP und habe versucht Multis zu arbeiten, den Haupt-OP zu unterstützen bei der Aufnahme von Rufzeichen etc. War ja alles neu. Die letzte Schicht von 8-12 UTC habe ich dann als erster OP gearbeitet, aber das war dann keine Herausforderung. Die Rate war über die Stunden gemittelt nur 30 QSOs/h und selten mal mehrere Anrufer, ist ja dann fast nur noch DL Betrieb. Aber es gab wirklich Stationen, die habe ich mit den lokalen Antennen nicht gehört und der RX in Kiel hat sie gehört. Also auch da wieder Zusammenarbeit der OPs.
In der freien Zeit gibt es natürlich immer sehr schöne Gespräche. An viel Schlaf ist nicht zu denken, obwohl ja nicht gefunkt wird. Und zum Schlafen ist dort vor Ort kein Platz. Also Auto oder Pension in der Nähe. Ich habe ein Zelt mitgenommen bin dann aber noch lokal untergekommen (Danke Geli und Tobi).
Sicher gibt es auch in Ilmenau noch einiges zu verbessern: ich hätte mir gewünscht, das der remote-RX sich mit meinem automatisch synchronisiert. Bessere Stühle, mehr Platz, …
Also für mich ein tolles Wochenende, auch wenn ich noch ein echter Anfänger dort bin. Ich darf wiederkommen und werde bestimmt mal zu einem großen Contest dort hinfahren. Und nächstes Jahr im Juli bin ich in Ilmenau auf jeden Fall wieder dabei.
Aus meiner Sicht haben die meiste Arbeit die Teams, die die jeweilige Station bereitstellen. Unsere kleine Anlage am Turm hat ja auch entsprechenden Wartungsaufwand (der durch einige wenige erledigt wird). Ihr könnt Euch vorstellen, was das bei dieser Anlage mit den vielen Masten und Antennen dort bedeutet – und das trifft auf alle Standorte zu. Wind, Schnee, Eis, … – 1 mal im Jahr saubermachen reicht dort nicht. Für mich war das einfach – ins Auto setzen, 3 Stunden fahren und dann einfach nur funken. Also, danke an alle die die vielen 1000 Stunden in die Wartung und Aufrechterhaltung der Station investieren.
Tja, mal sehen wie das Ergebnis ist. Wie haben die anderen HQ Stationen (Frankreich, Polen, …) abgeschnitten? Wie waren deren Bedingungen? Das ganze Team hat sein bestes gegeben, ganz viele Funkamateure aus DL und auch aus H24 haben auch dazu beigetragen. Wenn ich am Gerät war, habe ich öfter mal ein Rufzeichen aus dem OV im Log vorbeihuschen sehen.
Inzwischen haben die meisten HQ Stationen auf https://www.3830scores.com/breakdownscores.php?c=1&arg=79gmsEzjqmmy6 ihre Ergebnisse veröffentlicht. Diesmal ist wieder TM0HQ vorne, mit S50HQ wird es sicher nochmal knapp.
Es gab schon eine Nachbereitung, Verbesserungen fürs nächste Jahr, …
Danke an Euch aus dem OV für das Arbeiten von DA0HQ und vor allem Danke an Ben, DL5ANT, für die Organisation – und natürlich alles anderen auch!
vy 73 de Lutz, DM6EE
Danke für diesen tiefen Einblick in eine Contest-Klasse, die sich mir bisher nie so richtig erschlossen hatte! Die Präsenz von DA0HQ und auch den anderen HQ-Stationen im Contest ist immer wieder beeindruckend. Ich selbst konnte DA0HQ auf allen Bändern und – bis auf 10 m – jeweils auch in beiden Betriebsarten, CW und SSB arbeiten. Interessant wäre es mal zu sehen, wie die HQ-Stationen in anderen Ländern aufgestellt sind.
73 es 55,
Christian, DM7EE
Na der Aufwand wird ähnlich sein, sonst würden die anderen Top-Stationen nicht solche Ergebnisse erreichen. Ich glaube, es gab auch schon DLs, die bei TM0HQ mitgefunkt haben. Habe aber noch keinen sprechen können.
Die Franzosen bekommen ja für jedes QSO mit einem DLer 3 Punkte und wir liegen ja sehr günstig um mit TM0HQ auf allen Bändern zu funken. S50HQ bekommt mit den DLern auch nur 1 Punkt. So ist das, die Ausbreitungsbedingungen spielen natürlich auch eine starke Rolle.
Noch mehr Einblicke dann von mir beim nächsten Conteststammtisch am 28. Juli um 19 Uhr, wieder Online!
vy 73 de Lutz, DM6EE