Elektronik-Entwicklungs-Workshop im Clubheim Wasserturm

Am letzten Samstag hatte der OV-Wolfsburg Mitglieder und Gäste zu einem „Arduino-Workshop“ ins Clubheim Wasserturm Fallersleben eingeladen.

Zur Vorbereitung mußten sich die Teilnehmer eine kleine Entwicklerhardware, die im Kern einen ATMEL-Mikroprozessor enthält, beschaffen und einige Software-Programme auf die ebenfalls mitzubringenden Notebooks installieren.

Zur Überraschung der Teilnehmer wurde jedoch sehr viel mehr geboten, als das reine Programmieren eines Mikrocomputers.

Pascal – DL7PNP, hatte für seine Schüler nicht nur die Arduino-Programmierung vorbereitet, sondern ein ganzes Entwicklungspaket für zugehörige Hardware-Peripherie mitgebracht.

Ich will ehrlich sein, als Elektrotechnik-Ingenieur habe ich mich noch nie gerne mit Programmieraufgaben beschäftigt und solche – wo immer es ging – konsequent vermieden. Zu meiner Studienzeit, vor rund 35 Jahren, waren „Einplatinen-Computer„, die damals mit einem Z80- oder 6502-Mikrocompomputer ausgestattet waren, angesagt. Software wurde an Großrechnern geschrieben, denn es gab ja noch keine PCs! Das geschriebene Programm wurde compiliert, also übersetzt, gebunden, und als lauffähiger Binär-Code zunächst mal in ein EPROM gebrannt, welches dann in die Steckfassung auf der Rechnerhardware montiert wurde. Bald darauf gab es Mikrocomputerchips, die ein EPROM ingegriert hatten. Man erkannte sie an einem durchsichtigen Fenster, durch welches man das EPROM mit einer UV-Lichtlampe wieder löschen konnte.

Ich war neugierig auf diesen Nachmittag, und zwar aus zwei Gründen:
1. Wie funktioniert das heute, und 2. Wie vermittelt mir das ein junger Mensch, der mal als Zwölfjähriger bei mir im Lizenzkurs gesessen hatte?

Unsere Arduino Entwickler-Hardware, ein ELEGOO UNO R3, via USB an das Notebook angeschlossen.

Der Einstieg in unseren Kurs hat gedauert. Die zu installierenden Programme hatten ein Volumen von rund 1 GByte. Wer mit dem Herunterladen erst kurz vor dem Kurs begonnen und dazu noch eine langsame DSL-Datenleitung hatte, kam somit unvorbereitet in den Workshop. USB-Sticks wurden hin und her gereicht. Weiterhin zeichnete sich ab, das die Notebook-Performance bei dem einen oder anderen Teilnehmer der Herausforderung dieses Kurses kaum gewachsen war.

Mit etlicher Verzögerung ging es dann los: Zum Erlernen des vollständigen Arduino-Befehlssatzes reicht ein Nachmittag keinesfalls aus. Aber wir lernen, wie man mit wenigen Befehlen eine Leuchtdiode auf dem Entwicklerboard nach unseren Vorgaben zum Blinken bringt. Ich selbst bin fasziniert von der Schnelligkeit. Kurze Eingabe am Bildschirm des Notebook und die von mir erstellte Software läuft auf dem Hardware-Board. Nix mehr Compilieren, Binden und EPROM brennen. Über die USB-Schnittstelle ist der Programmcode quasi in Echtzeit im ROM des ATMEL-Mikrocomputers.

Einstieg in die Programmierung: Mit nur wenigen Befehlen der auf der Hochsprache C basierenden Arduino-Syntax bringen wir einer Leuchtdiode das Blinken nach unseren Vorgaben bei.

Eine Software-Entwicklung ist oftmals komplex und in kommerziellen Anwendungen macht das auch nie eine Person alleine. Für die zielführende Entwicklung eines umfangreichen Software-Pakets, das häufig parallel von mehreren Entwicklern, die oftmals weltweit und in verschiedenen Zeitzonen arbeiten, erstellt wird, ist ein Versions-Verwaltungssystem für die verschiedenen Softwaremodule unerläßlich. Pascal weist uns in die Arbeit mit dem Programmpaket GIT 2.18 ein, einem Software-Verwaltungssystem, das den Programmcode verschiedener Entwickler funktions- und versionsrichtig zusammenbastelt. Wir lernen, wie wir die von uns erstellten „Progrämmchen“ in einen GIT-Strukturbaum ablegen, überprüfen, und schließlich freigeben.

Grafische Darstellung verschiedener Softwarestände, Verbesserungen, Änderungsvorschläge, verabschiedete Stände und die jeweils aktuelle Vollversion im Entwicklungstool GIT 2.18.

Zu dem Morsezeichen-Generator, den wir an diesem Nachmittag programmieren sollen, kommen wir zeitlich gar nicht mehr. Pascal erläutert uns jedoch die dafür erforderliche Peripherie-Hardware, einem einfachen, zweikanaligen RC-Tiefpass und eine 3,5 mm Klinkenbuchse, an die man dann einen Kopfhörer anschließen kann. Im Nachgang zur Computer-Programmierung muß also eine zusätzliche Hardware entwickelt werden und wir lernen hier und jetzt gleich, wie man das zeitsparend und effektiv angehen kann:
Pascal stellt uns das Programm KiCAD vor, eine Freeware, mit der man nicht nur hervorragend Schaltpläne zeichnen, sondern auch gleich ein passendes Platinenlayout erstellen kann.
Wir sehen, wie aus der gerade angesprochenen Schaltung zunächst ein Schaltplan mit zwei RC-Gliedern und einer NF-Buchse entsteht.

Ruckzuck ist der Schaltplan für Hardware zur Ausgabe von Morsezeichen erstellt.

In Nullkommanix erstellt das Programm KiCAD auch gleich ein Platinen-Layout. Zweilagig ist Standard, es dürfen aber auch gerne viel mehr Leiterebenen sein. Die Bauteile werden ein wenig hin und her geschoben, Arduino-passgenaue Steckerpins werden aufgebracht und erforderliche Via-Holes zwischen den beiden Ebenen gesetzt. Zum Schluß erhält die Leiterplatte einen Rahmen, der die späteren mechanischen Maße festlegt.

Ein paar Bauteile, Buchse und Steckerpins platziert, Leiterbahnen von Hand geroutet – fertig ist der für den Morsegenerator erforderliche Kopfhörer-Ausgang.

Ich bin fasziniert, wie schnell die Leiterplattenerstellung heute funktioniert. Mir kommen ein paar selbstgebastelte Platinen in den Sinn. Mein erster Elbug für Telegrafie (noch mit Germanium-Transistoren AC122), ein Bildschirm-Testbildgenerator – Platine mit ätzfestem Stift handgemalt und mit Eisen-III-Chlorid im Keller meiner Eltern geätzt – eine Riesensauerei im Ausgußbecken und Stress mit meiner Mutter …

KiCAD liefert auch hier gleich eine zeitgerechte Lösung. Aus dem Programm heraus wird auf Knopfdruck gleich eine Leiterplattenbestellung bei einem der vielen Lieferanten in Hong Kong oder in Shenzhen (China) beauftragt. Die Mindestbestellmenge liegt bei 10 Exemplaren – fertig gebohrt und mit Silkprint (Bestückungsdruck) versehen. Aktuelle Preisangaben liefert das Programm auch gleich mit: Für unsere kleine Kopfhörerplatine sind das rund 10 Euro, inclusive Postversand nach Deutschland! – Nix mehr Platinenrohlinge bemalen und mit ätzender Chemie selbst herumpantschen.

Wer genau wissen will, wie das in Shenzhen vor Ort aussieht, scrolle im Thread mal etwas zurück. Der Beitrag „Wo das Makerherz Purzelbäume schlägt – im Silicon-Valley von China“ (8.11.2017) läßt den Leser tief ins Innere der chinesischen Elektronik-Metropole blicken.

Nach mehr als drei Stunden sind wir Workshopteilnehmer ziemlich geschafft. Leider sind insgesamt nur vier Teilnehmer im Wasserturm gewesen, drei aus dem OV-Wolfsburg und ein OM aus dem OV-Gifhorn. Zwei weitere Teilnehmer hatten kurzfristig abgesagt. Der Aufwand und der spannende Inhalt hätten deutlich mehr Zuspruch seitens der OV-Mitglieder verdient.

Drei der insgesamt vier Worskhop-Teilnehmer im Wasserturm Fallersleben: Uwe – DO8UST, Christian – DL1OD, Hans – DK1WB.

Wie auch immer – es soll eine Fortsetzung geben, zu der noch rechtzeitig eingeladen wird. Und dann werden wir – gut präpariert durch diesen Workshop – auch den geplanten Morsezeichengeber in Angriff nehmen und zum Laufen bringen.

Herzlichen Dank an Pascal – DL7PNP, für diesen spannenden Nachmittag mit professionell und souverän vermitteltem Wissen!

73,

Christian, DL1OD

Ein Gedanke zu „Elektronik-Entwicklungs-Workshop im Clubheim Wasserturm“

  1. Hallo in die Runde,
    wegen QRL war ich einer, welcher kurzfristig absagen mußte. Vielen Dank auch an Christian für den tollen Bericht.
    Ich gehöre auch zur Generation, die mit einem Z80-Kern noch die Assembler gechrieben , sowie die Daten auf dem Eprom brannten. (kByte waren einmal verdammt viel). Von der Schaltung im Kopf dann die mit Zahnpasta gereinigte Platine bemalt und auch mit EisenIIIChlorid geätzt, gebohrt, bestückt mit GC bzw SF Halbleiter und es funktionierte (nicht immer). Vielleicht klappt es ja demnächst, auch wenn ich nicht alles kapiere, als recht junger Funker möchte ich schon am Ball bleiben.
    73,
    Bernd DL5BL

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